Jüdische Gedenkstätte

Gedenkstätte ehemalige Synagoge Michelbach/Lücke:

Das ehemalige jüdische Gotteshaus in Michelbach an der Lücke, Kreis Schwäbisch Hall, dient heute als Gedenkstätte und Museum. Die ehemalige Synagoge ist das älteste heute noch erhaltene jüdische Gotteshaus in Württemberg.

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Michelbach begann 1556 mit einem Juden namens „Mosse”. 1520 war es in Rothenburg ob der Tauber zu einer unblutigen Judenvertreibung gekommen. Die Vertriebenen, allesamt Händler, zogen wenige Jahre später in die an das Gebiet Rothenburgs angrenzenden Dörfer, meist in die kleinen Ritterschaften Frankens, unter anderem nach Michelbach.

Das jüdische Wohngebiet in Michelbach konzentrierte sich im Wesentlichen um das Gebäude der Synagoge. Diese wurde im Jahre 1757 errichtet. Bis zu diesem Zeitpunkt befand sich ein Betsaal in einem Privathaus, der schließlich zu klein wurde und einen Synagogenneubau erforderlich machte.
    
 Typische Merkmale einer ländlichen Barocksynagoge lassen sich noch heute am Gebäude erkennen: Es ist ein schlichter Bau mit Walmdach und einem hellen symmetrischen Innenraum.

Die Synagoge – auf Griechisch „Haus der Zusammenkunft” – diente als Haus des Gebets, des Lernens und der Versammlung. Sie ging damit über eine rein gottesdienstliche Nutzung weit hinaus. In ihr wurde gefeiert, es wurden Probleme miteinander besprochen oder Texte auswendig gelernt. Bis heute werden Synagogen auch „Schul” genannt.

Die höchste Zahl jüdischer Bewohner in Michelbach wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts erreicht, als sie mehr als ein Drittel der Bevölkerung stellten. In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Michelbacher Synagoge nicht abgebrannt oder stark beschädigt, abgesehen von einem eingeworfenen Fenster. Allerdings wurde künftig der Gottesdienst untersagt und die Inneneinrichtung gegen Ende des Zweiten Weltkrieges zerstört, als die Synagoge zu einem Munitionsdepot gemacht wurde.

Die letzten rund 20 jüdischen Mitbürger von Michelbach wurden in den Jahren 1941 und 1942 nach Riga und Theresienstadt deportiert. Nur zwei Michelbacher Juden überlebten den Holocaust: Moritz Eichberg und Thea Gundelfinger. Während Thea Gundelfinger in die Vereinigten Staaten auswanderte, kehrte Moritz Eichberg nach Michelbach zurück und wohnte wieder im Ort, bis er nach Crailsheim umzog, wo er auch beerdigt wurde.

Die Synagoge heute

Nach dem Krieg diente die Synagoge als Lagerraum. Mit sachkundiger Unterstützung des Landkreises Schwäbisch Hall wurde die Synagoge in den Jahren 1983/84 grundlegend restauriert: Der barocke Thoraschrein konnte dabei nach einer alten Vorlage, einem Foto des nach den Amerika ausgewanderten Bruno Stern, dessen Mutter aus Michelbach stammte, wiederhergestellt werden. Die Synagoge beherbergt heute ein kleines Museum und eine Gedenkstätte. Seine Dauerausstellung erläutert den Besuchern Aspekte der jüdischen Regionalgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.

Historische Rarität im Museum

Eine historische Rarität in der Synagoge sind hebräische Druckfragmente religiösen Inhalts aus der Zeit um 1800, die bei den Renovierungsarbeiten in einer sogenannten „Genisa” entdeckt worden waren. Die Juden achten Torarollen und Bücher, die Gottesnamen enthalten, so hoch, dass sie diese in solchen „Genisot” aufbewahren und so vor fremdem Zugriff schützen. Diese Schriften stellen eines der wenigen Zeugnisse des ausgelöschten jüdischen Lebens in Michelbach dar.

Der jüdische Friedhof

Zur Besonderheit eines jüdischen Friedhofes, hebräisch „bet olmin“, „Haus der Ewigkeit“, gehört, dass er als zweite Heimat der Menschen gilt. Um die Ruhe nicht zu stören und weil Gräber kein zweites Mal belegt werden, liegen sie oft außerhalb der Ortschaften.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wuchsen die jüdischen Gemeinden in Michelbach, Wiesenbach und Hengstfeld so stark, dass sie die Genehmigung eines eigenen Friedhofs beantragten. Zuvor musste immer der beschwerliche Weg nach Schopfloch vorgenommen werden. 1840 wurde etwa einen Kilometer außerhalb Michelbachs der jüdische Friedhof angelegt. Zwischen 1840 und 1900 wurden hier annähernd 300 Menschen bestattet. Bedingt durch die Abwanderung in die größeren Städte und später durch das Aufkommen des Nationalsozialismus waren es zwischen 1901 und 1938 nur noch 71 Personen.
Auf dem Friedhof sind die Männer gehalten, eine Kopfbedeckung zu tragen. Die Gräber sind ist nach Osten ausgerichtet, dort liegt Jerusalem, dort wird die Ankunft des Messias erwartet. Bis heute werden Steine auf den Grabsteinen abgelegt. Sie sind Zeichen der Erinnerung und des Gedenkens.

Öffnungszeiten

jeweils 1. Sonntag im Monat von Mai bis Oktober, 14-17 Uhr
Weitere Führungen nach Vereinbarung.

Träger

Gemeinde Wallhausen
Seestraße 1
74599 Wallhausen
Tel. 07955 93810
rathaus@gemeinde-wallhausen.de

„Förderverein Synagoge Michelbach e.V.“

Der Förderverein Synagoge Michelbach e. V. kümmert sich heute um die Arbeit der Gedenkstätte. Dazu gehören mindestens drei Veranstaltungen pro Jahr mit Vorträgen, Konzerten und einem ökumenischen Gottesdienst zum Gedenken an die Pogromnacht vom November 1938.

zum Förderverein

Literaturhinweise

Taddey, Gerhard: Die jüdische Gemeinde von Michelbach/Lücke, [Ort] 1984.
Kreisarchiv Schwäbisch Hall (Hrsg.): Gedenkstätte Synagoge Michelbach/Lücke. Dokumentation zur Geschichte der Juden in der Region Franken, Schwäbisch Hall 1984.
Kreisarchiv Schwäbisch Hall (Hrsg.): Kein kleines Jerusalem. Geschichte der Juden im Landkreis Schwäbisch Hall. Forschungen aus Württembergisch Franken 36, Sigmaringen 1992.
Otto Ströbel: Juden und Christen in dörflicher Gemeinschaft. Geschichte der Judengemeinde Michelbach/Lücke, Crailsheim 2000.
    

 

Pfarrerin Carolin Mayer

Hauptstraße 11
74572 Blaufelden
Tel. 07953 88632

1. Vorsitzende des „Fördervereins Synagoge Michelbach e.V.“

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